Sooooo heute gibt es auch hier wieder Nachschub
Viel Spaß bei romantischen Mondlicht-Szenen *.*
8. Moonlight„Aber bleib nicht das ganze Wochenende weg. Ab Montag ist wieder Schule, vergiss das nicht.“
„Ja, Mama, weiß ich doch“, manchmal können Mütter echt ganz gewaltig nerven. Immer diese übermäßige Fürsorge, ich hasse das.
„In Ordnung, dann mal viel Spaß, ruf mich an, wenn ich dich wieder abholen soll.“
„Jaaa.“
Ich verdrehe die Augen und steige endlich mit meinem Rucksack aus dem Auto. Das meine Mutter mit aussteigt gefällt mir wieder gar nicht, aber was will man machen. Sie ist mit Perttus Eltern halt ziemlich gut befreundet und da seine Mutter auch eben aus der Haustür tritt, hat wohl meine Mutter spontan beschlossen ein Kaffeekränzchen mit ihr zu halten. Oh mein Gott, schnell weg hier!
Ich rufe Perttus Mutter im Vorbeigehen einen Gruß zu, gehe dann aber zum Fenster, welches sich an der rechten Hausecke unten befindet. Ich klopfe an die Glasscheibe und gehe dann weiter über den Rasen um das Haus herum. Natürlich gefällt Perttus Eltern das nicht, aber dieser Weg ist kürzer, als durch die Haustür und die ganzen Flure. Neben seinem Zimmer gibt es nämlich eine Glastür, die zu der Terrasse führt.
Genau an dieser empfängt mich Perttu auch gleich.
„Achtung Gefahr im Anmarsch! Unsere Mütter fangen gerade an sich festzuquatschen.“ Ich weiß, nicht unbedingt die beste Begrüßung, aber immerhin sehr hilfreich. Jetzt weiß er immerhin auch, dass wir den beiden Labertaschen aus dem Weg gehen sollten.
„Alles klar“, lacht Perttu, „dann sollten wir lieber nicht nach draußen, die gehen sicher wieder in den Garten.“
Wir gehen stattdessen lieber in sein Zimmer.
„Mein Gott, wo hast du den denn ausgegraben?“ Auf seinem Bett liegt ein türkisgrüner GameBoyColor, dessen grüne Leuchte zeigt, dass der auch an ist.
„Ich habe mal ein wenig meine Krimskrams-Kiste aufgeräumt und den darin gefunden. Zusammen mit einigen uralten Pokémon-Spielen. Sollen wir ‘ne Runde zocken?“
„Welche Spiele hast du denn da so?“, frage ich interessiert und schmeiße mich auf sein Bett um mir die ganze Sammlung mal anzusehen. Es liegt hier so gut wie jedes Spiel der Serie.
„Siehst du ja, eigentlich hab ich alle. Es sind sogar noch überall Spiele gespeichert. Hier ist noch ein Advance, dann können wir auch per Gamelink-Kabel gegeneinander spielen.“
Und so verbringen wir den Abend damit uns über Perttus teilweise echt lustigen Namen lustig zu machen.
„Wie kommt man auf die Idee ein Pikachu ‚Pasi‘ zu nennen?“, lache ich mir immer noch einen weg. Das ist einfach zu genial.
„Keine Ahnung. Ich musste ja selber heute Morgen lachen, als ich das gesehen hab.“
„So Pasi, dann setz mal einen finalen Ruckzuckhieb ein und mach‘ Perttu fertig.“ Ich kichere immer noch ein wenig darüber, setze Perttu aber tatsächlich Schachmatt.
„Neeeeiiiiiin! Das kannst du mir doch nicht antun, Glutexo! Du bist echt gemein, Eicca. Lässt mich hier Runde für Runde untergehen, tzz!“
Perttu muss gähnen was mich auf die leuchtend grünen Ziffern an der Zimmerdecke, die die Uhrzeit anzeigen, schauen lässt. Diese Uhr finde ich so klasse, die muss ich mir auch unbedingt noch holen.
„Vielleicht sollten wir langsam mal schlafen gehen, deswegen verlierst du bestimmt immer.“
Auch er wirft einen Blick an die Decke. „Ich glaub du hast recht. Warum haben wir eigentlich schon halb eins?!“
„Weiß nicht, aber ich mach jetzt aus.“ Und nachdem ich den GameBoy an die Seite gelegt habe, wühle ich in meinem Rucksack nach den Schlafklamotten. T-Shirt und kurze Hose, das reicht.
Perttu sitzt noch immer auf dem Bett und sieht mir zu wie ich mich aus- und wieder anziehe. „Ist alles in Ordnung? Hab ich doch blaue Flecken von dem Tennisball gekriegt?“
Perttu zuckt zusammen und schüttelt den Kopf. „Nein, alles bestens“, hektisch legt auch er seinen GameBoy weg und zieht sich um. Kurz darauf liegen wir dann auch im Bett.
Die Digitalzahlen an der Decke sagen mir, dass ich nun schon eine halbe Stunde wach liege, aber einfach nicht einschlafen kann. Ich bin zwar total müde aber ich komme einfach nicht zur Ruhe. Ich muss zu viel an Mikkos Worte denken. Ich werde immer noch nicht schlau daraus. Und wenn ich mir Perttu so ansehe, wie sein Gesicht leicht von dem Mondschein draußen beleuchtet wird und er immer wieder die Nase kraus zieht, wenn ihn seine eigene Haarsträhne kitzelt, dann kann ich mir einfach nicht vorstellen, dass er die Freundschaft zu mir einfach nur spielt. Und das wäre ja die Konsequenz daraus, wenn Perttu mich nicht als seinen besten Freund ansieht, so wie Mikko das erzählt hat.
Boah, ich werd‘ noch wahnsinnig mit den ganzen Gedanken! Ich glaube ich brauch erst mal ein bisschen frische Luft. Vielleicht bläst das meinen Kopf wieder frei und ich kann endlich schlafen.
Ich steige vorsichtig aus dem Bett, ziehe noch meinen Kapuzenpullover aus dem Rucksack, weil es mitten in der Nacht ja nun doch etwas kälter ist, und trete durch die Terrassentür neben Perttus Zimmer hinaus auf die Terrasse.
Auf den Pflastersteinen steht ein neues – wie soll ich das sagen? – Ding. Es ist dunkelbraun, oval (hat also auch eine Art Dach) und innen drin ist eine weich-aussehende Matratze mit einigen Kissen. Im Grunde wie diese modernen Halbkugelsessel, nur größer und von beiden Seiten offen. Das sieht bequem aus.
Ich lege mich da rein und muss feststellen, dass es tatsächlich sehr weich ist. Ein wohliges Seufzen entfährt mir, als ich den Blick gen Himmel richte und dort den Vollmond in seiner ganzen Pracht betrachte. Es gibt so einen schönen Kontrast zu dem schwarzen Himmel.
Mikko hat erzählt, es wäre ihm egal, wenn er teils komisch beäugt wird wegen Paavo. Und je mehr ich darüber nachdenke, umso mehr kann ich ihm das glauben. ‚Nur was man fühlt, ist entscheidend‘… er hat Recht. Es ist mir auch egal, was meine Schwester dazu sagt, wenn sie mich und Perttu beim Kuscheln erwischt. In dem Moment brauche ich einfach seine Nähe und dann interessiert es mich nicht, dass sie uns später dafür auslacht. Soll sie doch…
Ich schrecke auf und setze mich wieder gerade hin, als ich schlurfende Schritte auf der Terrasse höre. Als ich mich rumdrehe, erkenne ich eine Gestalt auf mich zu gehen und der Größe und den zerwühlten Haaren nach zu urteilen, kann es eigentlich nur Perttu sein.
„Was machst du denn hier draußen?“, fragt er mich neugierig.
„Hab ich dich geweckt? Tut mir leid, das wollte ich nicht.“
„Nein, hast du nicht“, antwortet Perttu ruhig und setzt sich neben mich. Sofort schlägt mein Herz ein paar Takte schneller und dieses seltsam mulmige Gefühl im Bauch fängt wieder an, „Ist alles in Ordnung?“
Ich seufze. Meine Arme nach hinten gestreckt, lehne ich mich etwas zurück und schaue wieder in den Himmel. „Ich konnte einfach nicht einschlafen. Weißt du, ich habe heute Morgen ziemlich lange mit Mikko gesprochen. Oder besser gesagt er mit mir und er hat einiges gesagt, was ich noch nicht ganz verstehe.“
Perttu dreht sich mit dem Oberkörper zu mir um und sieht mich gespannt an. „Was hat er denn gesagt?“
„Erst haben wir über ihn und Paavo geredet und warum mich das stören würde. Wobei ich inzwischen glaube, dass mich das noch nie wirklich gestört hat, sondern das halt wirklich einfach nur ungewohnt war. Ich finde du hast Recht, die beiden passen wirklich zueinander.“
Ich sehe zu Perttu um seine Reaktion abzuschätzen. Er beginnt zu lächeln, was in dem Mondlicht einfach nur schön aussieht. Ich weiß, das klingt jetzt komisch, aber so ist das nun mal. Wie seine Augen leicht funkeln, weil das Lächeln bis zu ihnen vordringt… einfach nur schön.
„Freut mich, dass du das auch so siehst.“
Ich überlege, ob ich Perttu auch das erzählen soll, was Mikko noch in Bezug auf ihn gesagt hat. Aber ich denke, ich mache das anders. „Sag mal… das hört sich jetzt vielleicht seltsam an, aber mir ist das wichtig. Du…“, druckse ich leicht herum, weil mir die Frage dann doch etwas peinlich ist, „du magst mich doch, oder?“ Zum Glück ist es schon tiefe Nacht, dann kann Perttu immerhin nicht sehen wie ich rot werde.
Dieser stutzt allerdings. „Aber natürlich! Wie kommst du denn jetzt darauf?“
Eher unbewusst atme ich erleichtert auf. Das hat mich schon ganz schön mitgenommen.
„Mikko hat da so seltsame Andeutungen gemacht, dass du mich eben nicht als besten Freund ansiehst und so und da musste ich die ganze Zeit dran denken.“
Perttu senkt den Blick kurzzeitig und einen Moment bedauere ich es sogar nicht mehr in seine funkelnden Augen sehen zu können. Dann sieht er wieder zu mir, aber irgendetwas in seinem Blick hat sich verändert. Bedeutet das etwa, dass Mikko doch recht hatte? Ich drehe mich auch zur Seite, damit ich ihn besser ansehen kann und rutsche dadurch automatisch etwas von ihm weg.
„Nicht doch, Eicca“, lächelt Perttu mich an und greift nach meiner linken Hand, drückt sie sanft, „du bist der beste Freund, den ich jemals hatte. Aber…“
Perttu weiß wohl nicht recht wie er weitersprechen soll. Ich sehe kurz auf unsere Hände. Dort wo er meine Haut berührt strömt eine Wärme durch meinen ganzen Körper, die ich so noch nicht kannte. Ich bekomme eine Gänsehaut und schaue wieder auf in sein Gesicht; in seine Augen.
„Aber was?“
„Aber nicht nur mein bester Freund…“, flüstert er geheimnisvoll und rutscht wieder ein Stück näher zu mir.
Ich will gerade hinterfragen, was er damit meint, aber Perttu legt mir einen Finger auf den Mund und hindert mich so am reden. Ich sehe ihn überrascht an, aber auch fragend. Mir ist nicht klar, wie er das meint.
Perttu schließt kurz die Augen, so als ob er für irgendetwas seinen ganzen Mut zusammensammeln würde. Dann entfernt er seinen Finger wieder von meinem Mund und legt die Hand stattdessen auf meine Schulter. Er schaut mir tief in die Augen und ich bemerke jetzt zum ersten Mal wie schön sie sind. Sie funkeln in dem Mondlicht richtig, ich kann mich gar nicht satt sehen.
Aber in dem Moment, als ich bemerke, dass mir Perttu mit dem Kopf immer näher kommt, schließt er seine Augen und nur einen Wimpernschlag später spüre ich zwei weiche Lippen auf meinen. Zuerst bin ich so überrascht, dass ich gar nicht reagiere, dann mache ich meine Augen allerdings auch zu. Eher unbewusst um das Gefühl zu genießen. Ich weiß gar nicht wie ich das beschreiben soll, es ist wie ein warmes Kribbeln, dass durch meinen gesamten Körper zieht.
Perttu streicht mit seiner Hand, die noch immer auf meiner Schulter liegt, sanft darüber. Und genau das ist der Moment, in dem ich registriere was ich hier eigentlich tue. Oder was Perttu mit mir tut. Oder was wir tun. Das... ich... HILFE!
Abrupt löse ich mich von Perttu, starre ihn verwirrt an. Warum zum Teufel hat er mich eben geküsst? Und noch viel wichtiger: warum hat es mir gefallen?
Ohne ein weiteres Wort springe ich von dem Couch/Sessel-weiß-der-Teufel-was herunter, schnappe mir noch schnell meinen Rucksack und meine Schuhe aus Perttus Zimmer und flüchte dann aus dem Haus. Ich höre genau, dass mir Perttu hinterher ruft, ich solle warten, er würde es mir doch erklären wollen, aber ich will jetzt einfach nur noch weg.
Irgendwann so nebenbei habe ich mir meine Schuhe angezogen und stolpere jetzt immer wieder über die offenen Schnürsenkel. Aber das ist mir egal. Genauso wie es mir egal ist, dass mein Rucksack noch immer offen ist und meine kurze Hose und der Kapuzenpullover wohl auch reichlich seltsam aussehen wird.
Das einzige, was mich interessiert ist eines: Was zur Hölle ist da eben passiert? Also, gut, WAS da passiert ist, brauch mir nun wirklich niemand erklären. Das habe ich nun auch schon kapiert. Nur warum?
Ich fahre mit einer Hand an meine Lippen und habe noch immer das Gefühl, dass ich Perttus Lippen spüren kann. Und um mich nur noch mehr aus dem Konzept zu bringen, muss ich mir eingestehen, dass ich das wiederholen möchte.
„Hey Junge, ist alles in Ordnung bei dir?“
Ich sehe verdattert auf. Der Fahrer eines roten Kleinwagens fährt im Schritttempo neben mir her und hat das linke Fenster herunter gelassen.
„Ja, danke, alles Bestens“, entgegne ich und winke ab.
Er zucket mit den Schulter und fährt dann weiter.
Aber stimmt das denn? Ist wirklich alles Bestens? Ich mein, ich muss Perttu irgendwann wieder unter die Augen treten können, aber so weiß ich momentan nicht, wie ich das machen soll. Ich meine, er ist mein bester Freund, aber... Moment, hatte er nicht noch was in Bezug auf die Freundesache noch was gesagt? Perttu hatte gesagt, dass ich nicht nur sein bester Freund bin und dann hat er mich... also, ähm, ihr wisst schon. Soll das jetzt heißen, dass er in mich... Aber...
Ich bleibe einen Augenblick stehen und schaue in den Himmel hinauf. Der Mond scheint noch immer mit seiner gesamten Pracht, es sind keine Wolken mehr zu sehen und der leichte Wind wirbelt meine Haare durcheinander.
Genauso durcheinander wie ich bin. Passt ja.
Ich seufze und gehe die Straße weiter entlang. Ich werde sicher noch eine ganze Weile brauchen, bis ich Zuhause ankomme, aber die frische Luft hilft mir sicher wieder klar im Kopf zu werden. Vielleicht fällt mir dann auch gleich eine Lösung mit ein. Hoffentlich jedenfalls.
tbc.